Freitag, 21. September 2018

Aspekte der Informationen, Informationsaspekte

Wir sind von einer Informationsfülle umgeben. Der Stuhl, auf dem Sie sitzen, kann hart oder weich sein, neu oder alt, teuer oder günstig, prachtvoll oder unauffällig, schön oder langweilig, stilvoll oder geschmacklos. Vielleicht kann man auf ihm stehend eine Glühbirne austauschen, vielleicht ist er aber dafür nicht geeignet. Das Objekt "Stuhl" hat diverse Objekteigenschaften und ist auf diverse Arten mit anderen Objekten in seiner Umgebung verbunden. Der Stuhl kann z.B. links oder rechts vom Schreibtisch stehen, älter oder neuer als die Wohnung sein. Die Verbindungen zwischen dem Objekt "Stuhl" und anderen Objekten ist zwar unsichtbar, aber sie ist genauso real wie der Stuhl selbst. Verbindungen zwischen Objekten sind auch Informationen, die wir aufnehmen.

Gegenstände nennt man Objekte und die Verbindungen zwischen ihnen bezeichnet man als Beziehungen.

Der allgemeine Informationsstrom, der uns umgibt und den wir aufnehmen, lässt sich in 8 unterschiedliche Informationsarten aufteilen. Lassen wir uns den bereits bekannten Stuhl untersuchen und die unterschiedlichen Informationsarten rausfiltern, die er uns liefert.

Informationsart Liefert Informationen
Handlungslogik Was hat der Stuhl gekostet? Wie stellt man ihn her, wie benutzt man ihn?
Strukturlogik Der Stuhl gehört zur Kategorie „Möbeln“.
Emotionsethik Er ist schrecklich!
Beziehungsethik Ich finde ihn nett. Wäre ein gutes Geschenk.
Intuition der Möglichkeiten Man kann die Stuhlhöhe verstellen, kann ihn drehen.
Intuition der Zeit Er ist neu.
Willenssensorik Dieser schwarze Chefsessel wirkt bedrohend. Man möchte sich von ihm fernhalten.
Empfindungssensorik Sein Leder fühlt sich sanft und weich an.

Aus den aufgelisteten Beispielen kann man gut erkennen, dass diese Informationsarten miteinander nicht korrelieren. Z.B. der Stuhl kann weich oder hart sein und das ist völlig unabhängig davon, wie viel er gekostet hat oder wie alt er ist. All diese Informationsarten existieren im allgemeinen Informationsstrom parallel. 
Diese acht Informationsarten nennt man Aspekte oder Informationsaspekte. In der Sozionik benutzt man spezielle Zeichen, um diese Aspekte darzustellen, siehe Tabelle unten. 
Wir nehmen die Informationen dieser unterschiedlichen Aspekte nicht nur auf, sondern geben sie auch weiter, verbal und nicht-verbal. Worte der menschlichen Sprache sind eine Art Behälter, Träger, Container. Sie beinhalten und übertragen diese Informationsaspekte (*).
Die meisten Wörter einer Sprache übertragen eindeutig einen der erwähnten Aspekte, es gibt aber auch aspekttechnisch mehrdeutige Wörter. Ein gutes Beispiel ist das Wort „schön“. Es kann je nach Kontext Informationen der Willens- oder der Empfindungssensorik übertragen: 
  • eine schöne intensive Farbe, die als Blickfänger die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zieht, steuert und lenkt, trägt in sich den Informationsaspekt der Willenssensorik;
  • ein Stilleben-Bild mit ein paar Birnen auf einem Tisch kann sehr ruhig wirken. Und es kann zweifelsohne auch sehr schön sein. Allerdings ist diese Schönheit eine ruhige, innere, harmonische Schönheit. Es sind die weichen Schatten und Farbübergänge, die nicht aggressiv ausgestrahlt werden.

In dieser Mehrdeutigkeit liegt die Wurzel vieler Verständnisprobleme zwischen den Menschen. Wenn eine Person sagt: „Ich habe einen super Stuhl gekauft!“ und damit meint, dass dieser besonders günstig und komfortabel ist (Handlungslogik+Empfindungssensorik), stellt sich eine andere Person unter einem „super Stuhl“ z.B. einen besonders stilvollen (Intuition der Zeit) oder einen besonders schönen (Willenssensorik) Stuhl vor.

Sozionik hilft, diese Kommunikationshintergründe zu verstehen und so Verständnisprobleme abzubauen oder mindestens besser zu akzeptieren.
Tabelle. Semantik der Aspekte

Semantik des Informationsaspekts Antwortet auf Frage(n)** Beschreibendes Verb***
Handlungslogik

Gewinn, Bewegung, Handlung, Wissen, Methode, Mechanismus, Nutzen, Tat, Arbeit, Vernunft, Technologie, Fakt, Tatsache, Zweckmäßigkeit, Wirtschaft
Was tun? Wie tun? wird gemacht
Strukturlogik

Analyse, Gesetz, Hierarchie, Messung, Klassifizierung, Einteilung, , Verständnis, Ordnung, Recht, Entfernung, System, Struktur, formale Logik
Was ist das Wichtigste? wird berechnet, bewiesen
Emotionsethik

Aufregung, Laune, Beleidigung, Panik, Beunruhigung, (emotionales) Erlebnis, Weinen, Impuls zur Handlung, Freude, Romantik, Lachen, Unruhe, Emotionen der Menschen, Begeisterung
Was ist gut? wird erlebt
Beziehungsethik

gut - böse, Liebe - Hass, Moral, Sittlichkeit, Zuneigung - Abneigung, Anstand, Sympathie - Antipathie, Fähigkeit nicht zu beleidigen, Menschlichkeit, Gefühle
Was gefällt? wird gefühlt
Intuition der Möglichkeiten

plötzlich, innerer Aufbau, Unbestimmtheit, Ungewissheit, Suche, potentielle Möglichkeit, Fähigkeit, Schwerpunkt, ganzheitliche Wahrnehmung, Chance
Was ist aussichtsvoll? wird ganzheitlich wahrgenommen
Intuition der Zeit, Zeitintuition

Zeit, Geschichte, Beziehungen zwischen Generationen, Prognose, Vergangenheit-Zukunft, Entwicklung der Prozesse in der Zeit, Rhythmus, Geschwindigkeit, Eile
Was wird geschehen? Was war? wird vorausgeahnt
Willenssensorik

Macht, Einfluss, Aussehen, Wille, Begehren, Verlangen, Menschenmassen, Kampfbereitschaft, Kraft, Taktik, Territorium, Gebiet, Bereich, Form, Farbe
Was wird gebraucht? Was ist schön? wird gesehen
Empfindungssensorik

Harmonie, „Hier und jetzt“, Gesundheit, Qualität, Komfort, Annehmlichkeit, Befinden, Bequemlichkeit, Zufriedenheit, Gemütlichkeit, Behaglichkeit, Ästhetik
Was jetzt? Was ist angenehm? wird gespürt

(*) Interessant in diesem Zusammenhang fand ich den Artikel „Amondawa tribe lacks abstract idea of time, study says“ von BBC. Die Amondawa-Indianer haben in ihrer Sprache kein Zeitkonzept und keine systematische Messlatte für die Zeitmessung entwickelt. Sie kennen keine Uhrzeiten, Tages- und Jahreszeiten, haben keinen Kalender. Den Ablauf der Ereignisse als zeitliche Abfolge kennen sie natürlich trotzdem und haben auch keine besonderen Schwierigkeiten beim Lernen der der portugiesischen Sprache. Denn die Zeit existiert als objektive Information um uns herum unabhängig davon, wie gut unsere Sprache sie beschreiben kann.

(**) Allgemeine Frage zu diesem Aspekt (nach Igor Weisband)

(***) Beschreibendes Verb (nach Roman Sedych mit Ergänzungen von Tatiana Prokofieva)

(C) Albert Schneider, 2010-2018

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